|
Einführung in die Etikette des Karate
Do
Einleitung:
Die Etikette der Do-ähnlichen Kampfkünste (Karate-Do, Judo,
Aikido, Kendo, Iaido, Kyudo, Kobudo etc.) basiert auf der Idee des
Buddhismus und des Zen-Buddhismus, durch Respekt und Achtung der
Mitmenschen und allen anderen Lebewesen, selbst ein besserer Mensch zu
werden.
Buddhismus:
Der Buddhismus war zuerst eine Erleuchtungslehre (gegründet, als
beispielgebender Lebensweg der Selbstfindung, vom historischen Buddha,
bürgerlich: Siddartha Gautama, Prinz aus einem Adelsgeschlecht) und
wurde erst viel später zu einer Weltreligion. Das höchste Ziel des
Einzelnen war das Eingehen in das absolute bewusstlose Ruhesein =>
NIRVANA. Damit sollte der Kreislauf der Wiedergeburt gebrochen werden,
man wollte über diesem stehen. Später entstand eine andere Form des
Buddhismus (Mahayanna), indem sich der einzelne Mensch nicht nur um
sein eigenes Seelenheil zu kümmern hat, sondern auch um das von
anderen Menschen und Lebewesen.
Zen-Buddhismus:
ZEN Kurzform von ZENNA, Ableitung vom chinesischen CHANNA bzw. CH´AN,
Übersetzung des Sanskritwortes DHYANA => Meditation. Beim
Zen-Buddhismus soll das Nirvana durch Meditation oder Versenkung
erreicht werden.
Dojo:
DO => Weg; JO => Ort; Der Begriff DOJO stammt aus dem Buddhismus, dort
war das DOJO Ort der Meditation und Selbstfindung.
Die vordere Wand nennt man SHOMEN (Ort der Ehre), dort hängt oft ein
Bild des Stilgründers, ist die Richtung der Verbeugung. Shomen kommt
aus dem Shintoismus (jap. Naturreligion) und beschreibt dort einen
Altar => SHINZEN (Ort des Gottes) oder KAMIZA (Sitz der Götter). Die
Lehrer (Sensei) sitzen immer links von Shomen => JOSEKI, Schüler in
absteigender Reihenfolge gegenüber => SHIMOSEKI, die Eingangsseite
links von Shomen nennt man SHIMOSA.
Gi und Obi:
Im mittelalterlichen Japan, wie auch in Europa, wurden die
Rangunterschiede unter anderem durch die Kleidung dokumentiert.
Funakoshi Gichin schaffte die Klassenunterschiede im Dojo ab. Jeder
sollte unabhängig von seinem Rang die gleichen Voraussetzungen haben,
deshalb wurde eine einheitliche Kleidung gewählt. Warum weiß? Weiß ist
die Farbe der Reinheit.
Das Gürtelrangsystem
wurde von Mönchen abgeleitet, die ihren Rang durch das KESEA (Schärpe)
um den Hals kennzeichneten.
Es gibt 2 Stufen:
-
MUDANSHA (Schüler,
farbig)
-
YUDANSHA / KODANSHA
(Meister, schwarz)
Der Gürtel sollte nie
gewaschen werden, weil jeder Tropfen Schweiß und Abrieb sammelt in ihm
die Erfahrung die der Budoka gesammelt hat.
Etikette:
"Ohne Etikette geht jeder Respekt verloren, die Kampfkunst
gerät zum Schlägertum, die Gewalt tritt hervor."
"Das Ziel der
Etikette: Du musst dein Gemüt so bilden, dass auch der roheste Schurke
es nicht wagt, dich anzugreifen, selbst wenn du ruhig dastehst."
Inazo Nitobe (jap. Schriftsteller am Anfang des 20. Jahrhunderts,
versuchte als erster die jap. Geisteskultur dem Westen zugänglich zu
machen)
Mokuso:
MOKUSO leitet sich von Mokusho-Zen (Zen der schweigenden
Erleuchtung) ab. MOKUSO soll den Budoka auf die Konzentration und die
Dojo Atmosphäre einstimmen, geistige Freiheit und Leere schaffen und
ihn beim Üben zu einer von alltäglichen Dingen unbelasteten
Selbsterfahrung bringen. Einfacher ausgedrückt, man soll effizienter
trainieren können. Man kann sich sein Gehirn als Schwamm vorstellen,
den man bei MOKUSO ausdrückt, die Alltagsprobleme rausquetscht und
dann in einen Eimer mit der Aufschrift KARATE taucht um ihn damit
vollsaugen zu lassen.
Seiza:
Mit Seiza bezeichnet man die Art des Sitzens auf den Fersen in den
Kampfkünsten. Es ist neben dem Lotussitz und dem halben Lotussitz die
wichtigste und verbreiteste Art des Za-sen. Bei SEIZA sitzt man auf
den Fersen, die Knie sind auf natürliche Art und Weise geöffnet, nicht
zu eng (zu instabil) und nicht zu weit (zu viel Druck auf die Gelenke
und schlechte Etikette). Im Zen sollten die Hände in HOIN gehalten
werden, d.h. Hände ineinander, Handflächen nach oben, die Daumen
berühren sich. In den Kampfkünsten kann man auch die Fäuste oder
offenen Hände auf die Oberschenkel ablegen. Der Rücken (Wirbelsäule)
sollte "natürlich gerade" nicht "Rücken gerade, Brust raus" gehalten
werden, dies ist Voraussetzung für eine korrekte Atmung. Der Übende
muss die "optimale" Sitzhaltung individuell für sich herausfinden. Für
Ungeübte ist es sehr schwer richtig und ruhig in SEIZA zu sitzen,
deshalb sollte man dies mit besonderer Konzentration tun und dies
nicht als lästige Pflicht abtun.
Auch das richtige
Abknien und Aufstehen sollte man bewusst tun.
Abknien:
z.B. Beide Knie beugen, dabei Hände auf die Knie legen, dann linkes
Knie zuerst auf den Boden, danach rechtes Knie. Dabei den Rücken
gerade halten. Auf die Fersen setzen. Handposition einnehmen, Kopf
gerade.
Aufstehen:
Po von Fersen anheben, rechten Fuß nach vorne aufstellen, linken Fuß
auf Fußballen, dann aufstehen und gleichzeitig den rechten Fuß zum
linken Fuß zurückziehen in MUSUBI-DACHI. Auch hierbei den Rücken
gerade halten.
Rei (der Gruß):
REI ist der symbolische Ausdruck des rechten Verhaltens. Es
dokumentiert den Mittelpunkt der Verhaltensetikette und bekundet den
Willen zu gegenseitigem Vertrauen, Respekt und Loyalität. Allgemein
unterscheidet man zwischen dem Gruß im Stehen (Ritsu-Rei) und im
Sitzen (Za-Rei)
Rei bei Eintritt
ins Dojo:
Dieser Gruß wird im Stehen ausgeführt. Betritt ein Schüler das Dojo
soll er all seine Alltagsprobleme draußen lassen, deshalb grüßt er
vor dem Betreten des Dojo durch eine kurze Verbeugung. Diese
Verbeugung dient auch der Konzentrierung der Gedanken auf das Karate
und der Schüler erklärt sich bereit die Dojoregeln anzuerkennen.
Shomen ni Rei
(Gruß nach vorne):
Shomen ni Rei wird im sitzen ausgeführt. Hierbei grüßen Schüler und
Meister nach vorne Richtung Shomen (s. Dojo). Die Bedeutung dieses
Grußes ist das philosophische Prinzip, dass der Mensch bevor er sich
weltlichen Dingen zuwendet, sich etwas zuwenden soll das größer und
bedeutender ist als er. In unserem Falle ist das, das Ideal der
Kampfkunst bzw. der "Ewige Meister".
Sensei ni Rei
(Gruß zum Meister):
Auch Sensei ni Rei wird im sitzen ausgeführt. Die Schüler grüßen den
Meister (Sensei) nicht als den Menschen an sich, sondern als
Verkörperung des Ideals der Kampfkunst bzw. des "Ewigen Meister".
Der Gruß gilt als Demutsgeste, als erster Schritt zur Überwindung
des individuellen Ego. Der Meister grüßt die Schüler als Ausdruck
seiner Verbundenheit und für deren Fortschritt für den er sich
verantwortlich fühlt.
Gibt es im Dojo keinen wirklichen Sensei (eigentlich erst ab 5.
Dan), wäre Sempai ni Rei (Gruß an den Älteren, bezeichnet nicht das
biologische Alter, sondern den Fortschritt auf dem Weg) korrekter.
Otagai ni Rei:
(Gruß der Schüler oder Übenden untereinander)
Wird in der Regel im stehen ausgeführt. Die Übenden grüßen
untereinander um ihr Vertrauen und ihren Respekt für den Gegenüber
auszudrücken. Während des Trainings wird Otagai ni Rei hauptsächlich
vor und nach Partnerübungen ausgeführt, im Dojo wird meist auf
Otagai ni verzichtet und nur mit dem Kommando Rei gegrüßt.
Gruß vor der Übung: Ausdruck der Bitte und Aufforderung zum
gegenseitigen Üben
Gruß nach der Übung: Ausdruck des Dankes für das gegenseitige Üben.
Rei vor und nach
der Kata:
Wird im stehen ausgeführt. Philosophisch gesehen wird auch hier
etwas größeres und bedeutenderes als wir selbst gegrüßt. Dieser Gruß
gilt auch als Gruß zu den imaginären Gegnern während einer Kata.
Rei vor und nach
Kihon Übungen:
Wird im stehen ausgeführt. Dieser Gruß ist hauptsächlich für einen
selbst. Er dient zur eigenen inneren Einstellung und zur eigenen
Konzentration.
Dojo Kun:
Die DOJO KUN sind die praktischen Anleitungen zur rechten
Geisteshaltung in allen Do ähnlichen Kampfkünsten (Karate Do, Judo,
Aikido, Kendo, Iaido, Kyudo, etc.). Sie dienen als Verbindung zwischen
Philosophie des Do und der Technik. Sie gelten als vom Budogeist
geforderter Auftrag den Weg (Do) nicht nur zu verstehen sondern auch
zu leben. Jeder kann im Abgleich mit den DOJO KUN seinen Fortschritt
auf dem Weg herausfinden.
Die ersten DOJO KUN stammen vom indischen Mönch Bodhidharma aus dem
Shaolin Kloster. Die Karate DOJO KUN wurden von dem okinawanischen
Meister Sakugawa (manchmal auch Okugawa) gegründet.
Sie lauten wie folgt:
-
Suche nach
Perfektion deines Charakters
-
Verteidige die Wege
der Wahrheit
-
Pflege den Geist
des Strebens
-
Ehre die Prinzipien
der Etikette
-
Verzichte auf
Gewalt
Auch Funakoshis 20
Regeln, die mittlerweile in fast allen Stilen gelten, basieren auf den
ursprünglichen fünf DOJO KUN.
Als Beispiel einige
ausgewählte Regeln und die dazugehörige DOJO KUN:
-
Erkenn dich selbst
zuerst und dann den Anderen => Regel Nr. 1
-
Karate ist ein
Helfer der Gerechtigkeit => Regel Nr. 2
-
Karate zu üben
heißt ein Leben lang zu arbeiten, darin gibt es keine Grenzen =>
Regel Nr. 3
-
Karate beginnt und
endet mit Respekt => Regel Nr. 4
-
Es gibt im Karate
keinen ersten Angriff => Regel Nr. 5
|